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N.A.P. Waterland II


Kunstverein Leverkusen e.V. Schloss Morsbroich
Dezember 2019


Susanne Wedewer-Pampus



Insel Waterland I – 2016, Pigmente, Champagnerkreide und Acryl auf Segeltuch, 80 x 120 cm





»N.A.P.« ist die Abkürzung für »Normal Amsterdam Peil«, für »Normaler Amsterdamer Pegel«, der als Bezugspunkt bereits 1683 festgelegt worden ist und später erst von Preussen 1879 als Ausgangspunkt übernommen wurde und heute auch innerhalb der EU als Referenzhöhe angeführt wird. Für die meisten von uns ist das von eher theoretischem Interesse, eine interessante Information. Für Catherina de Rijke hingegen scheint es ein emotionaler Bezugspunkt zu sein, ist Wasser doch von zentraler Bedeutung für sie als Künstlerin, für sie – wie sie gerne betont – als Niederländerin, die bereits vor langer Zeit »den Rhein bis nach Köln geschwommen ist«. Geboren in Zeeland, ziehe es sie nach wie vor immer wieder ans Meer, um, wie sie sagt, »wieder ganz zu werden«. Und so sind auch viele ihrer Arbeiten getragen von dieser Nähe, dieser inneren Verbundenheit.


»Geboren in Zeeland, ziehe es sie nach wie vor immer wieder ans Meer, um (...) wieder ganz zu werden.«



»Catharina de Rijke verwebt«, wie es in einem Text heisst, »ihre persönlichen Vorstellungen, Gedankenwelten und Empfindungen in ihren Kompositionen. Das Medium der Malerei ermöglicht ihr die Realisierung der eigenen Sicht auf die Welt«. Eng verbunden ist diese Sicht mit einer ihrer zentralen Fragen – die der Identität, die sie verknüpft mit ihrer Herkunft aus den von Wasser umgebenden Niederlanden, aus Zeeland. Diese Thematik durchzieht ihr Werk wie ein roter Faden, stellt die Verbindung her zwischen einzelnen Werkgruppen: der Reihe von Schnittmuster aus grobem Leinen, wie wir sie hier im vorderen Raum des Kunstvereins sehen. »Kleider«, die an einzelnen Stellen mit malerischen Spuren versehen sind, die uns erneut an Wasser denken lassen, an Brandung beispielsweise. Kleider, die an die Urform eines Kleides erinnern, an seine »Idee« – und in ihrem Schnitt zurück gehen auf die Tracht der Grossmutter von Catharina de Rijke. Auch sie versieht sie an einzelnen Stellen mit malerischen Spuren, die erneut an Wasser denken lassen, an Brandung – und die sie auf diese Weise wieder einbindet in den Kanon und Thematik ihrer Malereien.


»Catharina de Rijke verwebt (...) ihre persönlichen Vorstellungen, Gedankenwelten und Empfindungen in ihren Kompositionen. Das Medium der Malerei ermöglicht ihr die Realisierung der eigenen Sicht auf die Welt«.


Kleidung ist ein Teil unserer Identität, ein Zeichen unserer Herkunft, früher zumindest. Einen anderen, einen sehr wesentlichen Aspekt dieses Komplexes »Identität« spielt die Landschaft, in der wir aufgewachsen sind – spielt für Catharina de Rijke Zeeland, spielt das Meer. Doch Landschaft und Meer nicht als exaktes Abbild konkreter, identifizierbarer Gegebenheiten oder geologischer Formationen – sondern als das ständige Kommen und Gehen von Ebbe und Flut, von Licht, Bewegung, Lebendigkeit. Formuliert aus und in Farben, Flächen, Flecken, hier und da mit energischen Gesten. Aus Pigmenten und Kreide, oft auf Leinen. Angesiedelt zwischen kraftvollem Auftritt und zarter Poesie, zwischen Behauptung und Annäherung, zwischen Abstraktion und Figürlichkeit – Gegensätze, die sie in jeder einzelnen Arbeiten wieder aufs Neue auslotet, überwindet, verbindet.

Im hinteren Raum sind erstmals sich über die ganze Wand erstreckende Videos zu sehen, die Teil eines entstehenden Filmportraits über sie sind. Ruhige, fast meditative Aufnahmen von Algen, wie wir alle sie von Spaziergängen am Strand her kennen. Entstanden, oder korrekter, entdeckt während der Auseinandersetzung mit den Quellen der Künstlerin, ihren Inspirationen. Die Filmemacherin, Bernhardine Schippers, sprach gestern beim Pressegespäch lachend davon, dass »Wasser einfach das Element von Catharina de Rijke sei.« In diesem hinteren Raum hängt auch eine Reihe kleinformatiger Bilder, eines neben dem anderen – gemalte Momente von Wasserbewegungen. Sie muten an wie sogenannte stills aus dem Film – wie Bild und Abbild. In diesem Raum stehend werden wir Betrachter Zeuge der Denk- und Sichtweise von Catharina de Rijke.




Mark