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Geschichten der Zeit


CJD Galerie, Bonn
2006


Dr. Heidrun Wirth



Vader en zoon, 2000,
Acryl und Champagnerkreide auf Papier, 82 x 148 cm (Rahmung)





,,Geschichten der Zeit" heißt diese Ausstellung von Catharina de Rijke. Catharina de Rijke ist in Rotterdam geboren. Sie studierte zunächst in Delft im Zentrum der großen Meister der holländischen Malerei. Nach einem anfänglichen Studium in Textil-Design ging sie zur Kunst über und gründete die Gruppe "Frisse Kunst". Ein Jahr Paris kam hinzu und dann begann schon ihre Lehrtätigkeit an der Vrije Akademie Delft.

Daneben nahm sie an zahlreichen Gruppenausstellungen teil, 2004 übrigens auch in der Galerie Hundertmark in Bonn.  Erst vor kurzem stellte sie in einer großen Einzelausstellung i.t-n Amtsgericht Königswi.t1ter aus. Und eben erst hat sie unter dem Titel "Overleveringen" mit einer Ausstellung an der Leverkusener Kunstnacht teilgenommen, eine runde Sache mit Musik, Lesungen und ihren Bildern, die sich dort mit dem Rhein beschäftigten. Immer wieder ist es das Wasser und die Atmosphäre am Fluss oder am Meer, wie auch hier heute in dieser Ausstellung im CJD zu sehen. Ein neuer Zugang zum Wasser ist hier in einem Bild von einem Wasserfall mit seinen gichtigen Grautönen hinzugekommen.

Holland, das Land am Meer, hat auch Catharina de Rijke geprägt, wie die Malergenerationen vor ihr. Sie werden Landschaften finden, in denen Horizont und Ufer, Wasser, Watt und Weite ineinander übergehen. Doch die Landschaft ist mehr, sie wird zum Spiegel seelischer Prozesse, dann erzählt sie von Festhalten und Lassen, von Verdichtungen und Emotionen, die sich in Farbe, Flächen und Flecken kraftvoll in den Vordergrund drängen, oder die sich- kaum fassbar- wieder auflösen und schwebend davonmachen.  Titel wie "Liebeszeichen" oder "Skin“(Haut) oder "Torso" verraten es. Und so ist es gar nicht so wichtig, ob wir hier Landschaften oder Figurationen, Halbabstraktes oder ganz Abstraktes sehen, entscheidend ist die Dichte der Emotionen, die in Flächen, Linien und Farben zum Ausdruck kommt. Immer geht es um mehr als nur um Landschaften, wie es auch in dem schön gewählten Titel "Geschichten der Zeit" zum Ausdruck kommt.




Torso III, V, VI, 2005,
Acryl und Champagnerkreide auf Leinwand, 80 x 50 cm



Da sind ihre im Jahre 2000 entstandenen "Schneelandschaften", die aus hartem Weiß und brennendem Rot bestehen und nie wird einem die beschwörende Magie des Märchenwortes: ,,Rot wie Blut und weiß wie Schnee" so deutlich  als vor diesen Bildern mit der eigenwillig, fast eckig harten Komposition in kompromisslosen Kontrasten. Es geht nicht um schöne Bilder, sondern es scheint um Leben und Tod zu gehen und um die Unvereinbarkeit von beidem.

Oben empfängt uns ein Zyklus von figurativen Bildern, "Good morning Mrs. Judith" genannt. Es sind warme Rotbraun, Violett- und Ockertöne, andeutungsweise konturiert mit schwarzer Kreide, eine Kombination, die an die uralte Höhlenmalerei erinnert. Die tastende Suche gilt Catharinas Tochter Judith, denn der Bilderzyklus beschäftigt sich mit dieser ihrer zweiten Tochter, die sie am Morgen, beim Aufwachen und unmittelbar danach beobachtet hat. Und wie das Land ins Meer über geht, so geht in dieser 2001 entstandenen Bilderreihe die Nacht in den Tag über, der Schlaf in das taghelle Bewusstsein.

Noch weit figurativer sind die 2000 entstandenen Akte mit wieder anderen, fast verführerischen Rottönen. Hier wurde Kadmiumrot mit Orange gemischt. Aber auch ein in die Feme ziehendes Blau ist mit dabei. Schwer zu beschreiben sind bei Catharina de Rijke die Farbflächen, auf denen so viel passiert Es ist Schichtenmalerei und meist liegen schon mehrere Schichten unter der obersten Farbschicht Oft nimmt die Künstlerin die Farben wieder ab, kratzt sie frei und strukturiert sie mit feinem Sand, so dass sie teils gröber, teils aber ganz fein in ihren Lasuren bleiben. Bisweilen ist es eine einzige Form, die sie fasziniert, wie beispielsweise die Artischocke, die sie auf einer Südfrankreichreise in ihrer markanten Form entdeckt hat. Was hat sie daraus gemacht? Eine Schemenartige Form, die entfernt an Köpfe erinnern. Feinst sind die Grautöne mit Schwarz überstäubt Dieser delikate Auftrag ist entstanden. indem die Künstlerin die Farben mit den Händen eingerieben hat.

Und dann gibt es unter diesen Geschichten noch ein Bild mit dem Titel "Vater und Sohn", Eine dünne, fast exzentrische Linie greift über die Bildmitte und setzt sich durch, es ist so etwas wie eine verlängerte Nabelschnur, und es geht dabei um die Beziehung, die nur ein Vater so zu seinem Sohn haben kann: Nähe. Hilfe und doch viel Platz für Eigenständigkeit, wenn wir den beiden Flächen trauen, die mit einer markanten Linie verbunden sind Die Linie läuft über die Verwischungen und verbindet sie.

Neben der Malerei auf Papier oder Leinwand gibt es aber auch noch eine im Siebdruckverfahren entstandene Edition zu erwerben mit dem Titel ,,Nice to see you".




Mark